Psychologische Beratung und Therapie, Erwin Brückl

MEDITATION 


Nachdem der Text zur Meditation immer umfangreicher wird, habe ich eine eigene Seite dafür eingerichtet.

Meditation ist ein sehr weiter Begriff. Man kann über alles und auf zehntausend verschiedene Arten meditieren. Was jeder Meditation, so glaube ich, gemeinsam ist, ist, daß es immer um Achtsamkeit, um wach sein, um Wahrnehmung, um im Moment sein geht. Damit ist Meditation immer auch etwas, das uns auf dem Weg zu uns selbst zu kommen ein Stückchen weiter bringen kann. Meditation wird von sehr vielen Schulen verwendet, es gibt eine christliche Meditation, ein Zen-Meditation, eine Sufi-Meditation und und und.

Ich erlebe Meditation immer wieder als sehr hilfreich und binde sie gerne, wenn es möglich erscheint, in die Therapie mit ein. Dazu benutze ich Meditation aus den verschiedensten Richtungen und lasse mir auch gerne immer wieder selbst neue einfallen.

Meditation und Psychotherapie zielen meiner Meinung nach letzten Endes auf das Selbe: Auf die Befreiung vom Leiden, von der Verstrickung in seine Gefühle, auf das Erreichen von Zufriedenheit mit dem Leben und auf das Hinauswachsen über das eigene kleine Ich.

Die Wege, die sie dabei einschlagen sind erst einmal unterschiedlich: Wo die Psychotherapie sich mit der eigenen Person, den eigenen Gefühlen usw. intensiv beschäftigt, da versucht Meditation oft gerade eher der unbeteiligte Beobachter zu sein. Beide lassen sich prima verbinden.


Eine "Definition" von Meditation habe ich vor kurzem gefunden, die ich sehr schön finde und die - soweit ich es bisher verstehe - sie sehr tief trifft. Sie ist von Jiddu Krishnamurti aus seinem Buch "Liebe gleicht dem Duft der Rose", S.: 82

"Meditation ist etwas Unfaßbares, und wenn du nicht weißt, was sie ist, bist du wie der Blinde in einer Welt von leuchtenden Farben, Schatten und wechselndem Licht. Sie ist keine Angelegenheit des Intellekts, doch wenn das Herz in den Geist eindringt, dann hat der Geist eine ganz andere Qualität: Dann ist er wirklich grenzenlos, nicht nur in seiner gut funktionierenden Fähigkeit des Denkens und Handelns, sondern auch in seinem Gefühl, in einem ungeheuren Raum zu leben, in dem du ein Teil von allem bist. Meditation ist die Bewegung der Liebe. Sie ist nicht die Liebe des Einen zu den Vielen. Sie ist wie Wasser, das jeder aus einem beliebigen Krug, einem goldenen oder irdenen, trinken kann: Liebe ist unerschöpflich. Und etwas Merkwürdiges findet statt, das keine Droge oder Selbsthypnose bewirken kann: Es ist, als ob der Geist in sich selbst versinkt, an der Oberfläche beginnt und tiefer und tiefer eindringt, bis Tiefe und Höhe ihre Bedeutung verloren haben und jede Form des Messens aufhört. in diesem Zustand ist vollkommener Friede - nicht Zufriedenheit, die durch Genuß entsteht, sondern ein Friede, der von Ordnung, Schönheit und Intensität erfüllt ist. All dies kann zerstört werden, so wie du eine Blume zerstören kannst, die doch gerade in ihrer Verletzlichkeit unzerstörbar ist. Diese Meditation kannst du nicht von einem anderen lernen. Du mußt anfangen, ohne irgend etwas über sie zu wissen, und immer in dieser Unschuld verbleiben.

Der Boden, in dem der meditative Geist sich entfalten kann, ist der Boden des täglichen Lebens, der Zwietracht, des Schmerzes und der flüchtigen Freuden. Dort muß der Geist beginnen und Ordnung schaffen, und von dort aus muß er endlos weitergehen. Wenn dir aber nur daran gelegen ist, Ordnung zu schaffen, dann wird diese Ordnung ihre eigene Begrenztheit mit sich bringen, und der Geist wird ihr Gefangener sein. Mit dieser ganzen Bewegung mußt du sozusagen vom anderen Ende, vom anderen Ufer aus beginnen und nicht ständig nur mit diesem Ufer beschäftigt sein oder fragen, wie du den Fluß überqueren kannst. Du mußt ins Wasser springen, ohne schwimmen zu können. Und die Schönheit der Meditation ist, daß du nie weißt, wo du bist, wohin du gehst, was das Ziel ist."


Meditationen:

Verloren im Gedachten (Text)              Atemmeditation


Hierzu ein kleiner Text von Jean Gebser - zum Meditieren und Nachspüren:


Verloren im Gedachten

Wir gehen immer verloren, wenn uns das Denken befällt
und werden wiedergeboren, wenn wir uns ahnend der Welt

anvertrauen und treiben -, wie die Wolken im hellen Wind
denn alle Grenzen, die bleiben, sind ferner als Himmel sind

Und es will vieles werden, aber wir greifen es kaum
wie lang sind wir der Erden ängstlich noch im Traum?

Fragwürdig noch wie lange, da alles sich schon besinnt
da das was einstens so bange, schon klarer vorüberrinnt.

Daß uns ein Sanftes geschehe, wenn uns der Himmel berührt
wenn seine atmende Nähe uns ganz zum Hiersein verführt.


Eine Atemmeditation von Thich Nhat Hanh möchte ich hier geben. Sie ist aus seinem Buch "Ein Lotus erblüht im Herzen":

Während man entspannt da sitzt oder auch während man geht, kann man sich bei jedem Atemzug die folgenden Worte (auch z.B. mehrfach
hintereinander oder nur einen Tei) ins Gedächtnis rufen:


Einatmend weiß ich, daß ich einatme.
Ausatmend weiß ich, daß ich ausatme.
(Ein/aus)

Einatmend sehe ich mich selbst als Blume.
Ausatmend fühle ich mich frisch.
(Blume/frisch)

Einatmend sehe ich mich selbst als Berg.
Ausatmend fühle ich mich unerschütterlich.
(Berg/unerschütterlich)

Einatmend sehe ich mich selbst als ruhiges Wasser.
Ausatmend spiegele ich die Dinge wider, wie sie sind.
(Wasser/widerspiegeln)

Einatmend sehe ich mich selbst als weiten Raum.
Ausatmend fühle ich mich frei.
(Raum/frei)